Meinung: Apple spielt fair, nur Spotify mag die Regeln nicht

| 13:02 Uhr | 2 Kommentare

Gestern haben wir euch darüber informiert, dass Spotify bei der EU eine Beschwerde gegen Apple eingereicht hat. Spotify kritisiert einen unfairen Wettbewerb und hat parallel dazu die Webseite „It’s Time to Play Fair“ online gestellt, auf der man verschiedene Argumente gegen Apple vorträgt. Auf den ersten Blick mögen diese Argumente nachvollziehbar sein, blickt man jedoch aus einem anderen Blickwinkel und etwas intensiver auf die Materie, sieht es schon ganz anders aus.

Meinung: Apple spielt fair, nur Spotify mag die Regeln nicht

Mit der neu ins Leben gerufenen Webseite hat Spotify verschiedene Fakten aufgeführt, wie Apple die Konkurrenz angeblich nachteilig behandelt. Kann man so sehen, muss man aber nicht. Bevor ihr vorschnell urteilt, lasst die verschiedenen Argumente auf euch wirken.

Bradley Chambers von 9to5Mac hat sich die Mühe gemacht und ist Schritt für Schritt auf die Argumente von Spotify eingegangen und hat diese aus einem anderen Winkel betrachtet. Ziemlich interessant. Spotify wirft Apple vor, unfair zu spielen, allerdings spielt Apple in dieser Angelegenheit fair.

Apple erhebt eine diskriminierende Steuer

Spotifys Vorwurf

Apple verlangt, dass bestimmte Apps eine Abgabe von 30 Prozent an Apple entrichten, wenn diese das In-App Kaufsystem (IAP) nutzen. Die Realität ist jedoch, dass Apple diese Regeln nicht einheitlich anwendet. Zahlt Uber die Abgabe? Nein. Deliveroo? Nein. Zahlt Apple Pay die 30 Prozent? Nein. Damit bevorzugt Apple die eigenen Services.

Apple erhebt eine Gebühr von 30 Prozent für In-App-Käufe von digitalen Gütern. Sie berechnen zum Beispiel kein Gebühren von Amazon für die Millionen an Artikeln, die über die Amazon iPhone-App für physikalische Güter verkauft werden. Physikalische Produkte unterscheiden sich von digitalen Gütern. Es handelt sich um eine gängige Verkaufsprovision. Zahlreiche Unternehmen zahlen diese. Möchte Spotify diese Verkaufsprovision nicht bezahlen, so müssen sie keine In-App-Käufe für ein Upgrade auf Premium anbieten. Viele andere Apps starten ihre Apps mit einem speziellen Willkommensbildschirm, auf dem Nutzer erfahren, wie sie sich registrieren können. Es scheint, als möchte Spotify alle Vorteile der Apple Plattform nutzen, allerdings nichts dafür an Apple bezahlen.

Apple verhindert das Anbieten von attraktiven Spotify Deals

Spotifys Vorwurf

Wenn wir uns gegen IAP (die einzige Zahlungsoption für iOS) entscheiden, hindert uns Apple im Gegenzug an der direkten Kommunikation mit unseren Kunden, die über Apple-Plattformen auf Spotify zugreifen. Apple wird nicht zulassen, dass wir tolle Angebote und Promotionen teilen – wie 99c für drei Monate Spotify Premium. Und wir reden nicht nur darüber, was wir in der App tun dürfen. Schlimmer noch, sie lassen uns keine Angebote per E-Mail senden, nachdem Kunden Ihr Konto registriert haben. Gleichzeitig behauptet Apple, wir würden ihre Regeln umgehen.

Spotify kann mit dem In-App-Kaufsystem Werbeaktionen anbieten, sie können Kunden allerdings nicht auf ihre eigene Website umleiten, um die Zahlungen abzuschließen. Will Spotify eine kostenlose Testversion für Premium für iOS anbieten? Das können sie problemlos tun. Nichts hält Spotify auf. Das Problem ist, dass sie dafür keinen In-App-Kauf nutzen möchten. Spotify will schlichtweg die 30 Prozent nicht angeben. Dies ist jedoch nicht das Problem von Apple.

Apple erlaubt kein einfaches Upgrade auf Spotify Premium

Spotifys Vorwurf

Wenn Nutzer von unserem kostenlosen Spotify Free auf Premium umsteigen möchten, wäre das großartig und wir würden es begrüßen. Apple hindert uns jedoch daran, diese Option in unserer App anzubieten, und zwingt die Benutzer dazu, mehrere Schritte zu unternehmen, um einen Browser oder einen Desktop-Computer zu nutzen. Einige unserer Benutzer haben nicht einmal einen Desktop-Computer. Und als Krönung können wir unseren Nutzern das nicht einmal sagen oder sie in die richtige Richtung weisen. Sie müssen alles selbst herausfinden.

Ein Upgrade auf Premium-Versionen von Abonnements könnte unter iOS nicht einfacher sein. Es gibt einen Unterschied zwischen Spotify möchte keine Provision an Apple für den Verkauf zahlen, und dass sie diese Option nicht zulassen. Spotify vermittelt mit seiner Aussage nur die halbe Wahrheit. Sie möchten nicht, dass Kunden ein Upgrade über IAP durchführen, da sie alle Einnahmen für sich behalten möchten. Das ist in Ordnung, aber man kann sicherlich nicht alles haben. Auf der einen Seite die Vorteile nutzen und auf der anderen Seite dafür nichts bezahlen. Nur die Rosinen aus dem Kuchen picken, geht nicht.

Ganz ehrlich? Wenn Spotify genüg verdienen würde, um Apple die 30 Prozent zu geben, würden sie es tun.  Sie tun es jedoch nicht.

Apple weist unsere App-Verbesserungen zurück

Spotifys Vorwurf

Wir lieben es, Verbesserungen vorzunehmen und neue Funktionen in Spotify einzuführen.Wenn Apple jedoch der Meinung ist, dass sich unsere App nicht an die einseitig auferlegten Einschränkungen hält, lehnt das Unternehmen routinemäßige Fehlerbehebungen und App-Verbesserungen ab, die die Benutzererfahrung und die Funktionalität der App verbessern. Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt. Und natürlich stellt Apple seiner eigenen Apple Music App niemals Hindernisse entgegen.

Spotify kann das einfach behaupten und Apple wird das sicherlich nicht kommentieren. Dies stellt eine einfache Möglichkeit dar, den iPhone-Hersteller als „Buh-Mann“ hinzustellen. Apple wird als Aufpasser bezeichnet, der den kleinen Mann im Zaun hält. Allerdings ist Spotify alles andere als klein. Vielmehr ist Spotify der weltweit größte Musik-Streaming-Dienst (im Bezug auf die Nutzerzahlen).

Apple lässt Kunden nicht von allen Geräten auf Spotify zugreifen

Spotifys Vorwurf

Es geht uns um Ubiquität (für Kunden da zu sein, wo und wann Sie wollen). Und Spotify kann sich glücklich schätzen, für Fans auf der ganzen Welt auf fast allen Lautsprechern verfügbar zu sein – außer auf Apple´s. Apple ermöglicht es uns nicht zu, auf dem HomePod verfügbar zu sein, und sie lassen definitiv nicht zu, dass wir uns mit Siri verbinden, damit ihr eure Musik abspielen könnt. Und vergesst nicht die Apple Watch. Wir waren bereit, auf Geräten verfügbar zu sein, Monate bevor Apple uns überhaupt eine Chance dazu gab. Dies schränkt euer Erlebnis und eure Auswahlmöglichkeit ein. Zu unserem Nachteil lässt sich Apple Music auf diesen Geräten nicht abspielen.

Gegenbeispiel. tvOS für AppleTV erschien im Jahr 2015 und es gibt nach wie vor keine Spotify-App für AppleTV, obwohl sich Kunden diese wünschen. Demgegenüber steht zum Beispiel seit langer Zeit eine Pandora-App bereit. Apple hingegen hat gerade Apple Music for Fire TV veröffentlicht. Spotify erwähnt nicht, dass AirPlay 2 auf HomePod verfügbar ist, so dass Spotify problemlos über den HomePod gehört werden kann. Sie erwähnen auch nicht, dass Spotify sogar die Abspielmöglichkeit von AirPlay in der Spotify App im Spotify Connect Menü auflistet, so dass Spotify direkt über AirPlay-Geräte abgespielt werden kann.

Stichwort Apple Watch. Die aktuelle Spotify-App für Apple Watch ist mehr als rudimentär. Man kann nicht einmal Wiedergabelisten synchronisieren, Andere Apps bieten das längst an. Die Werkzeuge stehen Spotify bereits, allerdings kümmert man sich seit vielen Monaten nicht nennenswert um das Thema.

Fazit

Wenn fair gespielt werden soll, dann sollten allerdings auch alle Beteiligten fair sein. Es scheint, als wolle Spotify nur die Vorteile des App Stores nutzen, dafür aber nichts bezahlen. Zum aktuellen Zeitpunkt können sie das auch tun. Wenn ein Anwender die kostenlose Spotify-App lädt, wird dieser zu einem Login-Bildschirm geführt. Allerdings muss der Nutzer rausfinden, wie er sich ein Spotify-Nuterkonto anlegt. In Zeiten von Google und Co. sollte man auf die Spotify-Webseite gelangen und sich dort registrieren können.

Es ist sicherlich nicht Apples Aufgabe, eine Plattform bereit zu stellen, iPhone und Co. als Abspielgeräte zu entwickeln, den Support für die Geräte bieten und anschließend noch Spotify dabei zu helfen, mehr Kunden zu akquirieren. Spotify muss schon selbst herausfinden, wie man Anwender ohne Apples Hilfe dazu bewegt, Abonnent zu werden. Sie blicken auf knapp 100 Millionen zahlende Abonnenten, von daher scheinen sie einen Weg gefunden zu haben.

Netflix verzichtet seit Kurzem auf die Möglichkeit, so dass Neukunden über die iOS-App keine In-App-Käufe mehr tätigen können. Hört man Netflix klagen? Nein. Etwas süffisant könnte man Spotify noch fragen, ob Apple auch Spotify Gutscheinkarten in den Apple Stores verkaufen sollte.

Wenn Spotify Apple´s Abrechnungssystem und die Apple Plattform nutzen möchte, so muss der Streaming-Dienst dafür auch bezahlen. Apple verwaltet die Bezahlmethoden schreibt die Rechnungen, bewacht den Prozess, stellt die Server bereit etc. pp. Möchte Spotify in Apple Stores Guthaben-Karten verkaufen, so würde darauf schließlich auch eine Provision fällig.

Ein paar letzte Anmerkungen noch. Seit dem Start des App Store im Jahr 2008 haben Entwickler 120 Milliarden US-Dollar verdient, mehr als ein Viertel davon allein im vergangenen Jahr. Mittlerweile ist es so, und das lässt Spotify auch außer acht, dass nach dem ersten Jahr bei Abos nur 15 Prozent an Apple zu entrichten sind.

Kategorie: App Store

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2 Kommentare

  • Danlow

    Die Wahrheit liegtt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Apple hat unglaubliche Marktmacht. Andererseits stimmt es ja, dass wenn man fremde Infrastruktur und Dienstleistung nutz (der Zugang zu Apple beinhaltet den Zugang zu hunderten Millionen Nutzern) man dafür auch bezahlen muss. Möglicherweise liegt „Monopolmissbrauch“ vor (Apple nutz seine Macht auf der eigenen Plattform, weil sie es können), vielleicht betreibt Spotify auch nur Gewinnmaximierung. Ich finde es aber auch zu billig, bei der Kartellbehörde „petzen zu gehen“ und sich in der Öffentlichkeit als „Saubermann“ darzustellen. Die sind ein gewinnorientiertes Unternehmen, ebenso wie Apple.

    14. Mrz 2019 | 14:59 Uhr | Kommentieren
  • Gast

    Rundsätzlich bin ich auf der Seite von Apple , Spotify kann den Service nicht umsonst
    nutzen. Sie bekommen ein sehr gutes , sicheres und funktionierendes System von Apple.
    Das kostet Geld .
    Aber ich vermute noch ein anderes Problem von Spotify und ihren Zahlungsproblemen.
    Die Musiklabels wollen mehr Geld und die vielen für Lau Hörer bringen zu wenig ein.
    Das bisschen Werbegeld reicht nicht und wenn die Verträge auslsufen muss neu verhandelt
    werden und in dieser prikären Situation ist Spotify gerade.
    Apple ist da nur die Sahnehaube auf der Torte.

    14. Mrz 2019 | 17:04 Uhr | Kommentieren

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